Text-Nummer: 0008

Schaltung am: 01.06.1996
Rubrik(en): Forschung und Wissenschaft
Umfang des Textes in Zeichen: 73394
Verfasser(in): Wilfried Armonies / Christian Kupke
Geschrieben am:
Kürzel: WA/CK
Originaltitel: Jenseits des binaristischen Prinzips. Zur psychoanalytischen Theorie des Witzes
Copyright: Wilfried Armonies / Christian Kupke
Veröffentlichungsabsicht von/am:
Veröffentlicht von/am: Fragmente 46 (1994), Kassel 1994, S. 91ff
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Diskussion/Leserbriefe:

Wilfried Armonies / Christian Kupke

Jenseits des binaristischen Prinzips. Zur psychoanalytischen Theorie des Witzes

I. Zur symbolischen Überschreitung binaristischen Denkens

Ich verstehe, was du sagen willst, Menon! Siehst du, was für einen streitsüchtigen Satz du uns herbringst? Daß nämlich ein Mensch unmöglich suchen kann, weder was er weiß, noch was er nicht weiß. Nämlich weder was er weiß, kann er suchen, denn er weiß es ja, und es bedarf dafür keines Suchens weiter; noch was er nicht weiß, denn er weiß ja dann auch nicht, was er suchen soll.

Platon, Menon, 80e

Den Binarismus hat Roland Barthes einmal, in einem seiner vielleicht wichtigsten wissenschaftlichen Werke, den >Elementen der Semiologie<, als >>das intellektuelle Imaginäre unserer Zeit<< bezeichnet. Mit dieser Formulierung zielte er damals (1964) auf das strukturale Denken ab, - auf ein Denken, in dem, wie er es formuliert, >>die binäre Einteilung der Begriffe ... häufig vorzukommen scheint<<1. Er hätte damit aber auch ebensogut, wie seinerzeit Jacques Derrida, das gesamte metaphysische Denken meinen können. Denn der Strukturalismus war von Anbeginn - wenn auch nicht immer bewußt - der Versuch einer kritischen Beschreibung genau derjenigen systemproduzierenden strukturellen Binarismen, die die Metaphysik seit den Tagen ihres Entstehens geprägt hatten, andererseits aber auch eine Reflexion der ihn selbst konstituierenden Binarismen (so z.B. des Binarismus von Raum und Zeit, Struktur und Ereignis), mithin eine Selbstreflexion seiner eigenen binaristischen Voraussetzungen.
Auch die Lacansche Psychoanalyse schreibt sich, wie man weiß, in diesen strukturalistischen Zusammenhang ein. Zwar schien sie sich zunächst noch ganz affirmativ an der klassischen Opposition von Imaginärem und Realem (von Schein und Sein, Innen und Außen, Subjekt und Objekt, Form und Inhalt etc.) orientieren zu wollen - so in der auf dem Internationalen Kongreß für Psychoanalyse 1936 erstmalig und 1949 wiederholt vorgetragenen Konzeption des Spiegelstadiums -, aber schon dort deutete sich damals jene Dialektisierung des Freudschen Dualismus von Lust- und Realitätsprinzip und eine damit einhergehende Äquivozierung des Realitätsbegriffs an, die vollgültig nur durch die Einführung eines weiteren Elements, eines Dritten plausibel gemacht werden konnte: durch das den Binarismus tendenziell überschreitende Element des Symbolischen2. Besonders die ersten beiden Seminare Lacans (in den Jahren 1953 bis 1955) widmeten sich daher der Frage, ob und auf welche Weise die Annahme des Symbolischen den klassischen Formenkanon psychoanalytischen Denkens gegebenenfalls zu sprengen vermochte, und sie kulminierten schließlich in dem 1957/58 erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellten topologischen Anschreibungen des Verhältnisses von Realem, Imaginärem und Symbolischem in den sogenannten Schemata L und R.
Diese Schemata bzw. genauer die durch sie indizierten neuen topologischen Verhältnisse boten insgesamt drei Alternativen einer möglichen Überschreitung binaristischen Denkens. Die erste Alternative bestand darin, mittels der Kategorie des Symbolischen zu einer veränderten Auffassung dessen zu gelangen, was man unter "Realität" zu verstehen hat, die zweite dagegen versuchte, zu einer Neuinterpretation des bereits in der Philosophie recht umstrittenen Begriffs des "Scheins" zu gelangen. Beide bezogen sich damit auf einen der beiden Pole der bereits oben angeführten binaristischen Opposition: die eine thematisierte die Überschreitung dieses Binarismus zur Seite des Realen, die andere zur Seite des Imaginären.
Aus den unterschiedlichsten Gründen (die wir hier leider nicht genauer darstellen können) ist jedoch keine dieser beiden Alternativen für unser gegenwärtiges Vorhaben von allzu großer Bedeutung: die eine führt die Gefahr eines "ontologischen Rückfalls" mit sich, die andere vollendet sich in einer eher psychoanalyse-immanenten Theorie des Phantasmas. Bleibt also für eine mehr an den Strukturen orientierte Darstellung allein die dritte und letzte Alternative, nämlich die einer Überschreitung des Binarismus zur Seite des Symbolischen. - Dabei mag vielleicht zunächst die Formulierung "zur Seite des Symbolischen" überraschen. Denn die Überschreitung binaristischen Denkens, die den Ausgangs- und Zielpunkt unserer Überlegungen bildet, war ja, zumindest bei Lacan, überhaupt nur vermittels der Kategorie des Symbolischen selbst thematisierbar geworden. Was kann es aber dann bedeuten, diese ohnehin schon symbolisch vermittelte Überschreitung noch "zur Seite" oder "unter dem Aspekt" des Symbolischen zu thematisieren?
Um diese Frage zu klären, bedarf es einer kurzen Reflexion über den topologischen und im weitesten Sinne spieltheoretischen Hintergrund der Lacanschen Konzeption des Borromäischen Knotens. Nach dieser Konzeption gibt es - entsprechend den drei topologischen Feldern - drei Nahtstellen, an denen R(eales), I(maginäres) und S(ymbolisches) miteinander verfugt sind: die Fuge von S und I (die Liebe), die von I und R (der Haß) und die von R und S (die Unwissenheit). Spieltheoretisch bedeutet das, daß ich jedes dieser drei Felder abermals unter drei Aspekten thematisieren kann: also, um beim Symbolischen zu bleiben, S nicht nur im Hinblick auf R und I, sondern - scheinbar selbstverständlich - auch im Hinblick auf sich selbst oder als solches. Aber diese Selbstverständlichkeit (der Betrachtung eines der drei topologischen Felder als eines solchen) ist in der Lacanschen Konzeption faktisch die Ausnahme. Denn da in einem Borromäischen Knoten die drei Fadenringe so miteinander verbunden sind, daß, wenn man einen durchschneidet, alle drei frei sind, läßt sich die Funktionsweise des Symbolischen für jeden noch so einfachen psychischen Prozeß - auch für den der Interpretation (als einer Übersetzung) - immer nur im Zusammenhang mit den beiden übrigen Kategorien erläutern, oder genauer: hängt der Gebrauch der Kategorie des Symbolischen von den Funktionsweisen des Realen, des Imaginären und des Symbolischen selbst ab.3
Eine solche Abhängigkeit bezeichnet aber letzten Endes den unhintergehbaren pragmatischen Status jeder dieser drei Kategorien als Funktionen, insbesondere jedoch der des Symbolischen. Denn insofern die symbolische Funktion lediglich als Sprachfunktion begriffen wird, führt sie einen doppelten linguistischen Schein mit sich: den, mittels reflexiver Anstrengungen über sich selbst als Sprache restlos aufklären zu können, und den, einer ihrer theoretischen Selbstverständigung gegenüber unabhängigen pragmatischen Di(t)mension entbehren zu können. Auf den ersten Irrtum antwortet Lacan - wie hinreichend bekannt ist - mit dem theoretischen Diktum, daß es keine Metasprache gebe, und auf den zweiten durch eine, diesem theoretischen Diktum entsprechende praktische Verweigerung, nämlich der, in einer dem bisherigen linguistischen Verfahren auch nur annähernd vergleichbaren Weise zu sagen, was denn das Symbolische als solches ist.
Was es ist, wird man, wenn überhaupt, nur im Zugang zur Praxis des Symbolischen selbst erfahren. Da man aber hierfür bereits einen in der Theorie des Symbolischen geprägten Vorbegriff des Symbolischen haben muß - denn anders kann man, nach der alten platonischen Formel - nicht wissen, wo man suchen soll, was man wissen will -, muß man das Symbolische "zur Seite" oder "unter dem Aspekt" des Symbolischen selbst thematisieren. Das heißt man muß das theoretisch vorgefaßte Symbolische (die Kategorie des Symbolischen) entweder nach seiner praktischen Funktion befragen (indem man gewisse Paradigmen dieser Funktion, wie beispielsweise den Witz, analysiert) oder aber in dieser seiner praktischen Funktion verwirklichen (indem man das Symbolische, bspw. über einen Witz, seinerseits symbolisiert).
Lacan hat unseres Erachtens den letztgenannten Weg gewählt, und zwar, was die Überschreitung des Binarismus anbelangt, aus einem theoretisch einsichtig zu machenden Grund: Der Binarismus ist zunächst ganz unzweifelhaft eine Konstante des Imaginären, zugleich aber auch - de Saussures Fundamentalopposition und Jakobsons Nullphonem belegen es - ein (wenn nicht vielleicht sogar das) Konstitutiv des Symbolischen. Mit anderen Worten: Er ist, nach allem was wir aufgrund sprachwissenschaftlicher Untersuchungen wissen, nicht nur das "intellektuelle Imaginäre", sondern auch das "intellektuelle Symbolische unserer Zeit". Und weil in allem und für alles Wissen - so die Psychoanalyse Lacans - die Erkenntnisfunktionen des Imaginären konstitutiv sind, können wir das Symbolische, sobald wir es zum Gegenstand theoretischer oder wissenschaftlicher Reflexionen machen, seinerseits nie als ein solches oder nie als das, als das es intendiert ist auffassen. Mithin kann der psychoanalytische Strukturalismus Lacans, solange er bloß dieser Strukturalismus ist, sich seiner eigenen Theoretisierung des Symbolischen keineswegs sicher oder gewiß sein; er muß sich vielmehr seiner theoretischen Annahmen über das Symbolische in einer Praxis vergewissern, in welcher er diese Annahmen, statt sie bloß zu verdeutlichen, geradezu verwirklicht.
Genau diese Forderung - nach einer Verwirklichung des Symbolischen - nimmt aber im Lacanschen Werk, insbesondere der siebziger Jahre, immer größeren Raum ein. Statt im Rahmen psychoanalytischer Fragestellungen primär auf linguistische Forschungen zurückzuverweisen, um damit, wie es im Wissenschaftskanon üblich ist, die eigene Theorie zu stützen, wird als Effekt des Diskurswechsels vom universitären Wissensdiskurs der Linguistik zu dem des Analytikers eine "Linguisterie" betrieben, die sich mit dem, was Julia Kristeva Anfang der siebziger Jahre als "Semiotisierung der Sprache", gar als "Semiotisierung des Symbolischen selbst" kennzeichnen zu können glaubt4, durchaus zur Deckung bringen läßt. Umso interessanter aber dürfte es sein, zum Schluß dieser Einleitung noch kurz der Konfrontation nachzuspüren, in welcher sich diese Theorie Kristevas als von der Lacanschen Praxis unterschieden erweist.
Zwar antwortet Kristeva auf Lacans Frage, ob sie mit ihrem Buch >Polylogue< die Wendung zur "polylinguisterie" thematisieren will, zunächst bestätigend: >>C'est autre chose que de la linguistique. Ça passe par la linguistique.<<5 Aber während sie selbst an der Differenz zwischen Metasprache und Text, d.h. an der Begrifflichkeit der Linguistik festhält und ihre eigene Schreibpraxis noch nicht der poetischen Sprache öffnet, stellt Lacan die Metasprache nach seinem bereits oben zitierten Diktum noch einmal in Frage, indem er sie als eine Übersetzung ohne Original charakterisiert: >>On ne peut parler d'une langue que dans une autre langue. J'ai dit autrefois, qu'il n'y a pas de métalangage. Il y a un embryon de métalangage, maison dérape toujours pour un simple raison, c'est que je ne connais de langage qu'une série de langues, incarnées. Le langage, on s'éfforce de l'atteindre par l'écriture. Et l'écriture, ça ne donne quelque chose qu'en mathé-matiques, là oú on opère par la logique formelle, à savoir par extraction d'un certain nombre de choses qu'on extrait ainsi.<<6
Diesen Schritt hatte Kristeva in ihrer >Revolution der poetischen Sprache< noch nicht vollzogen. Zwar thematisiert sie auch dort unter dem Aspekt der "Transposition" genau diese Lacansche Konzeption der Übersetzung7, jedoch ausschließlich für den Primärtext, vor allem den poetischen, nicht aber für den Sekundärtext, die Metasprache. Auch in ihrer eigenen Begriffsarbeit bleibt sie daher - theoretisch konsequent - hinter der Radikalität der Lacanschen Signifikantenverwendung zurück. Denn während dieser mit der "metasprachlichen" Transposition von 'unbewußt' in 'une-bévue'8 einen neuen witzigen Signifikanten erfindet, findet Kristeva in ihrer semiologischen Aneignung des psychoanalytischen Diskurses einen neuen Begriff: "das Semiotische". Und im Gegensatz zur Lacanschen Topologie, die tatsächlich keinen Sinn hat, sondern in der je eigenen, übersetzenden Praxis des Sprechens und Schreibens Sinn macht, kann Kristeva nicht darauf verzichten, dem Semiotischen abermals, im Rückgriff auf die Metaphysik, einen ursprungstheoretischen Sinn einzuräumen: "die chora".9
>>Pourquoi<<, fragt Lacan, >>est-ce qu'on n'inventerait pas un signifiant nouveau? Un signifiant par exemple, qui n'aurait ... aucune espèce de sens?<<10 Aber eine solche Erfindung hat im Kristevaschen Text keinen Ort, weil trotz der beanspruchten Überschreitung der Linguistik die von ihr favorisierte Semiologie eine Wissenschaft bleibt, die zu begreifen versucht, was ihr Gegenstand ist11, sich aber nicht in eine Poesie übersetzt, die ihn - diesen Gegenstand - zur Sprache bringt und die sich so, wie in den späteren Werken Lacans, auf dem Wege über die Kunst jenseits der Kunst niederläßt.

II. Der Witz als ästhetische Überschreitung des Binarismus

Um nun dieser, sich jenseits des Binarismus von Wissenschaft und Kunst situierenden poetisch-rhetorischen und in diesem Sinne ästhetischen Sprech- und Schreibpraxis Lacans nachzuspüren, bedarf es unseres Erachtens - im Sinne Samuel Webers - zunächst einer "Rückkehr zu Freud", und zwar genauer zur Freudschen Witztheorie. Denn nur anhand dieser Theorie, so unsere These, läßt sich erstens: der zu einer Überschreitung binaristischen Denkens notwendige pragmatische Anhalt ausfindig machen, und zweitens: diejenige spezifisch ästhetische Praxis des Sprechens und des Schreibens erhellen, die der soeben von uns angeführten - und als witzig unterstellten - Transposition von 'unbewußt' in 'une-bévue' zugrundeliegt.
Im Sinne dieser Zielvorgabe bemühen wir uns im folgenden ersten Teil unserer Analyse zunächst um eine möglichst definite Abgrenzung von Witz, Komik und Humor. Dabei werden wir, da wir am ästhetischen Charakter dieser Formen interessiert sind, vor allem auf zwei Werke der literarischen Kunst zurückgreifen: auf >Finnegans Wake< von James Joyce und auf >Zettel's Traum< von Arno Schmidt. In beiden Werken sind Humor, Komik und Witz in gleicher Weise vertreten. Aber nur am Witz läßt sich, wie wir zeigen werden, diejenige spezifisch ästhetische Form nachweisen, die ihn als Modell einer möglichen Überschreitung binaristischen Denkens so interessant macht.
Die Grundüberlegung, die uns bei diesem Nachweis leitet, ist denkbar einfach. Freud folgt in der systematischen Darstellung des Zusammenhangs von Humor, Komik und Witz einem klassischen, bereits aus der Philosophie bekannten Muster: Er thematisiert den Humor aus einer eher (ästhetisch-)ethischen, die Komik aus einer eher (ästhetisch-)erkenntnistheoretischen und den Witz aus einer spezifisch ästhetischen Perspektive. Wobei er, um dies leisten zu können, auf einige der bekanntesten Binarismen des klassischen philosophischen Diskurses zurückgreifen muß: auf das Problem des Selbst-Bewußtseins im Falle des Humors, auf den Dualismus von Subjekt und Objekt im Falle der Komik und auf das Verhältnis von Form und Inhalt im Falle des Witzes.
Auf den dezidiert psychoanalytischen Hintergrund dieser Zuordnung geht sodann der zweite Teil unserer Analyse ein. In ihm stellen wir die Analogie zu einer weiteren, im Freudschen Text ganz explizit vorgenommenen Zuordnung her, nämlich der von Witz, Komik und Humor zur Topik der drei unterschiedlichen psychischen Systeme: Der Humor ist für Freud Untersuchungsgegenstand vor allem hinsichtlich seiner Frage nach der Funktion des Ideal-Ichs (bzw. des Über-Ichs), die Komik vor allem hinsichtlich seiner Frage nach der Funktion des Bewußtseins (bzw. des Ichs) und der Witz vor allem hinsichtlich seiner Frage nach der Funktion des Unbewußten (bzw. des Es).
Daß eine solche Darstellung nicht ohne gewisse Vereinfachungen durchgeführt werden kann, dürfte keinem Zweifel unterliegen. Aber auch hier, wie in aller Theorie, bereitet offensichtlich erst die schematische Darstellung - eingedenk der Konzeption des Borromäischen Knotens - den Weg zu einem vollen Verständnis des Phänomens, ist sie im Grunde <<nur eine Art<<, wie Lacan sagen würde, >>die Ideen zu fixieren, nach der eine Schwäche unseres diskursiven Geistes ruft<<12.

1. Ethik des Humors, Erkenntnis des Komischen und Ästhetik des Witzes

Will man vor allem den systematischen Stellenwert von Witz, Komik und Humor herausarbeiten, so scheint es angebracht zu sein, zunächst auf die formelhafte Zusammenfassung hinzuweisen, mit welcher Freud sein Witzbuch beendet: >>Wir stehen nun am Ende unserer Aufgabe<<, heißt es dort, >>nachdem wir den Mechanismus der humoristischen Lust auf eine analoge Formel zurückgeführt haben wie für die komische Lust und den Witz. Die Lust des Witzes schien uns aus erspartem Hemmungsaufwand hervorzugehen, die der Komik aus erspartem Vorstellungs(Besetzungs)aufwand und die des Humors aus erspartem Gefühlsaufwand. In allen drei Arbeitsweisen unseres seelischen Apparates stammt die Lust von einer Ersparung; alle drei kommen darin überein, daß sie Methoden darstellen, um aus der seelischen Tätigkeit eine Lust wiederzugewinnen, welche eigentlich erst durch die Entwicklung dieser Tätigkeit verlorengegangen ist.<<13

Welche Tätigkeit im ästhetisch-literarischen Bereich könnte diese seelische Tätigkeit sein, wenn nicht die Tätigkeit des Schreibens und des Lesens? Und welcher Gefühls- bzw. Affektaufwand könnte in dieser Tätigkeit über den Humor erspart werden, wenn nicht - wie bei Arno Schmidt und James Joyce - die Qual einer >>entsagungsvollen Arbeit<<14, und umgekehrt - bei den Lesern ihrer Bücher - die Mühe, sich in diesen Texten überhaupt noch zurechtzufinden? Jeder, der sie kennt und liest, aber insbesondere die Autoren selbst werden irgendwann einmal den bei der Abfassung dieser Texte (bzw. ihrer Lektüre) betriebenen Aufwand in ein Verhältnis setzen müssen zur dabei erhofften Lust, aber realiter erfahrenen Unlust. Und wenn auch diese Unlust ein dem Ich unbewußtes Genießen durchaus nicht ausschließt, so ist doch die damit verbundene Spannung nur dann zu lösen, wenn die Anstrengung der Textarbeit humoristische Züge annimmt: >>Der Humor<<, so Freud, >>ist .. ein Mittel um die Lust trotz der sie störenden peinlichen Affekte zu gewinnen; er tritt für diese Affektentwicklung ein, setzt sich an die Stelle derselben.<<15 Das heißt für die Position des Lesers und des Schreibers: statt daß das schreibende und lesende Subjekt in Selbstmitleid und Mitleid(en) versinken, rettet der Humor, vermöge dessen sie beide trotzdem lachen16, die Lust am Text, und aus dem Selbstmitleid und dem Mitleid(en) wird Lachen und Mitlachen.
Dies ist aber nicht nur auf der die Produktion und Rezeption des Textes betreffenden Ebene der Fall, sondern auch auf dem durch sie konstituierten semantischen Feld. So zum Beispiel, wenn Schmidt in >Zettel's Traum< den zweifellos auf ihn selbst zutreffenden Vorwurf eines quälerischen Pansexualismus in seiner Poe-Betrachtung vorwegnimmt: >>(Ich?; n'Unmensch'?: weil Ich das Gemisch aus bw=Prüderie & ubw=Lüsternheit bei Ihm [gemeint ist Poe, d.A.] erwähne? Und die Cha osLabyrinthe des männschlichen Gehirns?/(Cere brumm up dominale)).<<17 Oder wenn Joyce in >Finnegans Wake< als Resultat der Unmöglichkeit des Geschlechtsverhältnisses den Lesern die Präsentation seiner literarischen Potenz unter der Sigle "HCE" (Here Comes Everybody) mit den Sätzen nahebringt: >>Thanks eversore much, Pointcarried! I can't say if it's the weight you strike me to the quick or that red mass I was looking at but at the present momentum, potential as I am, I'm seeing rayingbogeys rings round me. Honours to you and may you be commended for our exhibitiveness!<<18 - In beiden Fällen haben wir es mit einem durchaus humorvollen Ertragen männlicher Beschränktheit auf den Wegen der Suche nach der Frau zu tun. Der Mann (und sei er auch Schmidts Daniel Pagenstecher oder Joyce' Shem/Shaun, er bleibt Jedermann) sucht die Frau und trifft doch immer nur auf irgendein Objekt seines Begehrens.19
Daß es das Schreiben Schmidts und Joyce' und nicht eines beliebigen Autors ist, das beständig um dieses Thema kreist, zeigt aber auch, daß es hier - im Falle des Humors - die Person des Autors, seine in ethischen und pragmatisch-lebensgeschichtlichen Kontexten herausgebildete Affektivität ist, die im Mittelpunkt des Interesses (des Lesers und des Interpreten) steht, nicht aber diejenige produktive oder rezeptive, also spezifisch ästhetische Fähigkeit, kraft welcher ein literarischer Text überhaupt erst als ein solcher konstituiert wird. Und ob die Herstellung eines solchen Textes Mühe und Qual verursacht, ob dieses Leiden und Mitleiden (mit dem Autor und dem Leser) sich in ein Lachen und Mitlachen verwandeln kann, schließlich: ob sich der Humor über einen Schreibzwang oder irgendeinen anderen neurotischen Komplex erhebt, - all das ist für den Text als solchen nur von sekundärem Belang. An diesen Aspekten sich zu orientieren, müßte unweigerlich zu jenem Mißverständnis führen, das Jean-Louis Baudry schon 1968 in aller Klarheit so bestimmt hat: >>daß der Romanschriftsteller oder der Dichter, d.h. der Verfasser von Texten, die ihn als Romanschriftsteller oder Dichter definieren, eben aufgrund dieser Texte gleichberechtigt neben dem Neurotiker steht und als solcher Forschungsobjekt der Psychoanalyse ist<<20.
Der Humor, dessen Lust aus einem ersparten Affekt- bzw. Gefühlsaufwand hervorgeht, stellt sich also aufgrund einer gewissen Affekt- oder Gefühlslage des Autors (bzw. des Lesers) immer nur ein, er wird niemals gemacht. Das heißt, er ist immer nur dann möglich, wenn gewisse, das Ethos des Humoristen betreffende Bedingungen erfüllt sind: >>...nicht alle Menschen<<, heißt es bei Freud, >>(sind) der humoristischen Einstellung fähig, es ist eine köstliche und seltene Begabung, und vielen fehlt selbst die Fähigkeit, die ihnen vermittelte humoristische Lust zu genießen.<<21 Mit anderen Worten, über Humor verfügt man nicht wie über eine Technik, die ästhetisch umgesetzt werden könnte, sondern er ist eine Frage des Charakters und der Persönlichkeit.

Anders dagegen steht es um die Komik: Da ihre Lust aus einem ersparten Vorstellungs- bzw. Besetzungsaufwand hervorgeht, ihr also die Differenz von Subjekt und Objekt, Vorstellendem und Vorgestelltem, von Sehendem und Gesehenem zugrundeliegt, ist sie keine Frage der ethischen Person, sondern derjenigen Form von Erkenntnis, die von der elementaren sinnlichen Evidenz über das verstehende Wahrnehmen bis zum vollständigen Erkennen und Verstehen der komischen Konstellation und ihrer komplexen Voraussetzungssituation reicht.22 Zwar wird auch die Komik, wie der Humor nicht gemacht; sie wird zunächst an einem Objekt (einer Person oder einer Sache) gefunden.23 Aber indem mit der Erkenntnis des Komischen, wie Freud hervorhebt, auch >>die Bedingung erkannt wird [oder doch erkannt werden kann, d.A.], unter welcher eine Person komisch erscheint<<, macht die das Komische erkennende Person zugleich >>die Entdeckung, daß man es in seiner Macht hat, einen anderen komisch zu machen<<. Und das wiederum >>eröffnet den Zugang zu ungeahntem Gewinn an komischer Lust und gibt einer hochausgebildeten Technik [nämlich einer Technik des Komischen, d.A.] den Ursprung<<.24
Diese dem je vorgefundenen Komischen "abgeschaute" Technik stellt auch der Schriftsteller in seinen Dienst, und zwar in doppelter Weise. Komische Vorstellungen können nämlich zum einen erzeugt werden auf der "inhaltlichen" Seite des Textes, d.h. auf der Ebene der durch den Text erzeugten imaginären bzw. imaginierten Realität. Hier treten der Besetzungsaufwand von Autor und Leser in ein Spannungsverhältnis zum Besetzungsaufwand der in dieser Realität jeweils agierenden Personen, Figuren oder Protagonisten. So zum Beispiel in >Zettel's Traum< bei der Darstellung einer Masturbationsszene25: Die Vorstellung, wie sich die Protagonistin dieser Szene (Franziska) in der Nacht in den Laken ihres Bettes wälzt, kann vom Leser als komisch empfunden werden, insofern hier die Vergleichung zwischen dem Bewegungsaufwand, den er selbst treiben würde, und der Bewegung, der er in der Szene begegnet, zu kontrastiven Vorstellungen führt. Die Wörter lassen das Bild eines sich übermäßig abmühenden Körpers entstehen, unterstützt durch Vergleiche, die die Bewegungsszene der Masturbation mit anderen Bewegungen überblenden. An das Gymnastische des >>Knie hoch & möglichst=breit<< schließt sich ein >>dolleS Rankern & SichWindn<< an. Zu den Verbiegungen des Körpers paßt der Hinweis auf das Derwischartige - >>('wie besessn!')<< - und zum Befremdenden daran die krampfige Haltung der Hand und die übersteigerte Geschwindigkeit (>>4 bis 6 Mal in der Se=cunte<<).
Andererseits aber können komische Vorstellungen auch rein auf der "formalen" Seite des Textes erzeugt werden, d.h. auf der Ebene des signifikanten Charakters des Textes selbst. Hier stellt sich das Lachen nicht deshalb ein, weil die Vorstellungen, die der Text evoziert, mit den Vorstellungen kontrastieren, die Autor und Leser sich von bestimmten Bewegungsabläufen und Verhaltensformen machen, sondern deshalb, weil der Korpus des Textes seinerseits gewisse zu lesende, aber nunmehr signifikante Bewegungsabläufe "vorstellt", die das gewohnte und eingespielte Rezeptionsverhalten Texten gegenüber stören, also auf diese Weise komische Effekte erzeugen. So zum Beispiel das lustvolle Gelalle und Gestotter in >Finnegans Wake<, das einen tendenziell von Signifikatseffekten befreiten Unsinn darstellt: >>come si compita cunctitititilatio? conkery cunk, thighthighttickellythigh, liggerilag, titteritot, leg in a tee, lug in a law, two at a tie, three on a thrickly till ohio ohio ioiomiss<<26. Oder in >Zettel's Traum<, als Variation der soeben angeführten Masturbationsszene, die folgende Semiotisierung des Bewegungsbildes: >>!!!!!!!!!!!! : Funny'S HochCunnuß : Gunnuß Connie Kuno Cunnum Cunno : Kuny Gunnorrhum Cunniscunnuscunnis - ahhhcünne !!!!!!!!!!!!!!!<<27.
Was hier zum komischen Gegenstand von Erkenntnis wird, ist nicht, wie in der ersten von Schmidt beschriebenen Masturbationsszene, die durch den Text konstituierte Realität, nicht ein Gehalt, der im Verstehen der Zeichen dieses Textes Vorstellungscharakter annimmt, sondern ein im Grunde unverständlicher, aber eben damit seinerseits vorstellbarer, weil auf seine eigene, materiale Realität verweisender Text. Ein Text, der das, über das er zu schreiben vorgibt, schreibend selber vollzieht und eben dadurch schon von sich aus komisch wirkt.28 Denn komisch sei es, so Freud, >>wenn das Kind beim Schreibenlernen die herausgestreckte Zunge die Bewegungen des Federstiels mitmachen läßt<<29; aber nicht minder komisch wäre es, wenn ein Schriftsteller bei dieser Tätigkeit den gezückten Federstiel die Bewegungen seiner Zunge mitmachen ließe. Im einen Fall setzen wir voraus, daß das Kind der natürlichen Ordnung seines Körpers, also einem bestimmten Körperschema folgt, müssen aber dann, in der aktuellen Situation, erkennen, daß es dieses Schema sprengt; und im anderen Fall nehmen wir an, daß sich der Schriftsteller beim Erstellen seines Textes an die Regeln der Orthographie hält, also einem bestimmten Schriftschema folgt, müssen aber schließlich auch hier erkennen, daß er dieses Schema unterläuft und damit seinen eigenen Text zum komischen Objekt macht.
In beiden Fällen aber ist die wahrnehmungsmäßige Vorstellbarkeit des jeweiligen Gegenstandes, also das jeweils zu unterstellende Körperbild oder Schriftbild, die Ausgangsbedingung dafür, daß sich überhaupt komische Wirkungen erzielen lassen. Und deshalb hat der auf solche Wirkungen bedachte Schriftsteller immer nur die folgende Alternative: entweder - auf der Ebene des "Inhalts" - ein bestimmtes körperliches Bild zu evozieren, das komisch wirkt, oder aber - auf der Ebene der "Form" - die Schrift selber ins Bild zu rücken und aus ihr - encorps - einen Körper zu machen. Niemals aber, von gewissen Ausnahmen abgesehen, ist es möglich, beides zugleich zu wollen. Denn sobald der Text, sich unverständlich, Unsinn machend, auf seine eigene Realität verweist, ist er nicht mehr Medium der Erkenntnis einer anderen Realität. Und umgekehrt: ist er dieses Medium, so nur deshalb, weil er seine eigene Realität dadurch vergessen macht, daß er verständlich, also "durchsichtig" ist im Blick auf jene andere Realität.

Diese von der wahrnehmungsmäßigen Vorstellbarkeit des intentionalen Gegenstandes abhängige Alternative des literarisch Komischen: daß es immer nur entweder auf der "inhaltlichen", signifikativen oder aber auf der "formalen", signifikanten Ebene des sprachlichen Mediums gefunden bzw. hergestellt werden kann, - diese Differenz ist erst mit dem Witz getilgt. Denn die für den Witz konstitutive Ersparung des Hemmungsaufwandes beruht zwar ihrerseits auf einem doppelten, aber in seinem Ergebnis nunmehr untrennbaren Vorgang: auf einem vorbewußten Denkakt, der zu einem relativ stabilen, aber in seiner signifikanten Form noch schwankenden Gedanken, zu einer sogenannten vorbewußten Besetzung führt, und auf einem unbewußten Denkakt, der einer unbewußten Besetzung, also einem verdrängten Gedanken dadurch "Raum" gibt, daß er diesen Gedanken - mittels Verschiebung und Verdichtung - in jener noch schwankenden signifikanten Form "plaziert". In Freuds Formulierung: >>Ein vorbewußter Gedanke wird für einen Moment der unbewußten Bearbeitung überlassen und deren Ergebnis alsbald von der bewußten Wahrnehmung erfaßt.<<30 Und in Lacans Formulierung: Der Witz [mot d'esprit] >>ist ein rascher Vorstoß auf den Ort des Anderen, ein Ambozeptor, den das Feuerwerk eines Wortes erhellt [qu'eclaire l'artifice du mot], das sich voller Heiterkeit versprüht<<31
Das aber bedeutet: in einer einzigen symbolischen Form, im >>Ergebnis<< der durch den Vorstoß auf den Ort des Anderen motivierten unbewußten >>Bearbeitung<<, findet sowohl diese als auch eine vorbewußte Besetzung ihren Ausdruck; und nur in dieser - einzigen und je einzigartigen - Durchdringung von signifikantem und signifikativem Aspekt des sprachlichen Prozesses entsteht das, was man den "Witz" nennt: >>Zwischen Klang und Sinn, Inhalt und Form, gibt es eine organische Einheit, und es wäre vergebens, wenn man ausgehend von diesen überkommenen Gegensätzen eine Hierarchie begründen wollte. Was auch immer "vornehm" an ihm sein mag: wenn der Witz (esprit) reiner Geist (esprit) wäre, könnte er nicht witzig (spirituel) sein, ebensowenig wie er auf seine materiell-klangliche Seite reduzierbar wäre.<<32
Wäre er nur Geist, reines Signifikat, so wäre das ebenso komisch, wie wenn er nur Materie, reiner Signifikant wäre. Vielmehr, gerade weil er witzig ist, verbindet sich in ihm die "materielle" Sinnenlust auf dem Niveau der Signifikanz mit der "geistigen" Sinnlust auf dem Niveau des Signifikats in einer einzigen und einzigartigen Form. So zum Beispiel in der Schmidtschen Mischwortbildung >>beLUSTijungn<< und im Joyceschen Wortkonzentrat >>rayingbogeys<<, in doppelsinnigen Anspielungen auf Namen: >>Po=Methodn<< und >>Pointcarried<<, in typischen Portemanteau-Wörtern wie >>energument<< und >>Paradiser<<, in den Kalauern >>Kußine<< und >>glorifires<< und schließlich auch in Zoten wie >>der abWixlung halber<< und >>I plant my penstock in your postern, chinarpot. Ave!<<33
Allen diesen, auf die Freudsche Darstellung verschiedener Techniken des Witzes applizierbaren textuellen Sprachspielen34, in denen das Feuerwerk zumeist eines einzelnen Wortes jenen Ambo-Zeptor erhellt, der als der Kreuzpunkt zweier Abhänge den eigentlichen Witz des Witzes metaphorisiert, ist gemeinsam, daß >>der "Inhalt", ebenso offensichtlich wie beim poetischen Text, untrennbar von der "Form"<< ist35. Denn wollten wir zum Beispiel das, was in diesen Einwortwitzen eigentlich gesagt ist, noch einmal sagen, so könnten wir diese Worte entweder in unreflektierter Weise wiederholen, indem wir sie immer und immer wieder aufsagen (wodurch sie schließlich nur noch komisch wirken); oder aber wir müßten sie, um zu erklären, wie das Witzige an ihnen gemacht ist, in reflektierter Weise wiederholen, indem wir ihre Entstehung, gemäß dem Freudschen Verfahren, bspw. graphisch veranschaulichen36. Im einen Falle würden wir den Lacanschen Ambozeptor, den diese Worte eigentlich erhellen sollen, verdunkeln, im anderen Falle aber würden wir ihn gänzlich zerschlagen: >>Der Geist des Witzes fällt in sich zusammen, wenn durchs Erklären die Wahrheit zur Platitüde wird.<<37
Diese Untrennbarkeit von "Inhalt" und "Form" ist beim Witz, wie Sarah Kofman erklärt, ebenso offensichtlich wie beim poetischen Text. Das heißt: Wenn Klang und Sinn, Buchstabe und Geist, Signifikant und Signifikat im textuellen Witz derart unauflöslich miteinander verknüpft sind, daß er weder bloß, wie der Humor, auf im weitesten Sinne ethische Themen fixiert ist noch auch, wie beim literarisch Komischen, auf der wahrnehmungsmäßigen Vorstellbarkeit entweder einer fingierten Realität oder aber der graphematischen Realität des Textes selbst beruht, dann kann die Lust des Witzes weder bloß eine Lust des ethischen noch auch des erkennenden, sondern sie muß die Lust eines spezifisch ästhetischen Subjekts sein. Denn dann - und nur dann - wird man behaupten können, daß >>der Witz ... ein Modell jeder Triebsublimation und jedes Kunstwerks (ist)<<38 - Ein Modell, wohlgemerkt, nicht schon ein Kunstwerk selbst.

II. Topische Konstellierung von Humor, Komik und Witz

Es stellt sich nun die Frage, ob es für unsere bisherigen Überlegungen noch weitere, nach Möglichkeit psychoanalytische Anhaltspunkte gibt. Inwiefern stützt eine psychoanalytisch orientierte Systematik erstens: die These von der Zuordnung des Humors zur ethischen, der Komik zur erkenntnistheoretischen und des Witzes zur ästhetischen Dimension, zweitens: die These von der spezifisch ästhetischen Form des literarischen Witzes; und schließlich: inwiefern kann sie weitergehende Aufschlüsse darüber geben, was unter einer solchen spezifischen Ästhetik zu verstehen ist. Eine, mit gewissen Einschränkungen ökonomisch zu nennende Systematik war dem bisherigen Versuch, Antworten auf diese Fragen zu finden, bereits zugrundegelegt worden: die Systematik in der Rede von einem ersparten Gefühls-, Vorstellungs- und Hemmungsaufwand. Nun aber wird es darauf ankommen, den topischen Gesichtspunkt deutlicher ins Blickfeld zu rücken.

Was den Humor betrifft, so stellt Freud im Witzbuch von 1905, noch auf der Grundlage seiner ersten, bereits in der >Traumdeutung< vorgelegten Topik fest: >>Im ganzen steht der Humor dem Komischen näher als der Witz. Er hat mit jenem auch die psychische Lokalisation im Vorbewußten gemeinsam, während der Witz, wie wir annehmen mußten, als Kompromiß zwischen Unbewußtem und Vorbewußtem gebildet wird.<<39 Diese These von der Lokalisation des Humors im Vorbewußten wird aber später, in seinem >Der Humor< betitelten Aufsatz von 1927, wenn nicht zurückgenommen, so doch revidiert. Denn hier heißt es nun, nachdem Freud sein zweites topisches Modell entworfen hat: >>Als die Entstehung des Witzes mußte ich annehmen [Freud bezieht sich hier direkt auf sein Witzbuch von 1905, d.A.], daß ein vorbewußter Gedanke für einen Moment der unbewußten Bearbeitung überlassen wird, der Witz sei also der Beitrag zur Komik, den das Unbewußte leiste. Ganz ähnlich wäre der Humor der Beitrag zur Komik durch die Vermittlung des Über-Ichs.<<40
Die noch im Witzbuch vertretene Auffassung von der Lokalisation des Humors im Vorbewußten wird also hier substituiert durch die These von der Lokalisation des Humors im Über-Ich. Zwei Gründe scheinen dafür ausschlaggebend gewesen zu sein: Zum einen sollten dadurch Komik und Humor besser voneinander abgrenzbar sein, und zum anderen sollte der spezifische Charakter des Humors statt bloß ökonomisch auch topisch nachgewiesen werden können. Denn wenn, wie bereits das Witzbuch feststellte, der Humorist in einer mit peinlichen Affekten belasteten Situation zu einer >>Erhebung seines Ichs<<41 fähig ist, so konnte Freud diese Erhebung und den ihr immanenten Selbstbezug wohl kaum aus der Lokalisation des Humors im Vorbewußten ableiten. Vielmehr, beide Momente ließen sich erst durch die zweite Lokalisationsthese vollständig begründen, und zwar aufgrund der Herkunft des Über-Ichs aus >>mächtigsten Regungen und wichtigsten Libidoschicksale(n) des Es<<, derzufolge das, >>was im einzelnen Seelenleben dem Tiefsten angehört hat, ... durch die Idealbildung zum Höchsten der Menschenseele im Sinne unserer Wertungen (wird)<<.42
Das Lachen des Humoristen kommt also weniger "von unten herauf"43 (wie das Lachen des Witzes), als vielmehr "von oben herab". Denn das Über-Ich >>vertritt ja überhaupt den Anspruch der Moralität<<44, ist also - trotz oder gerade aufgrund seiner Herkunft aus dem Es - die ethische Instanz unseres Seelenlebens überhaupt, diejenige, durch welche das psychische Subjekt einen Charakter hat oder überhaupt erst zu einem solchen wird.45 Durch ihn bezieht es sich (als Über-Ich) auf sich selbst (als Ich), ist es, in seiner Erhebung über sich selbst, zugleich auf sich selbst bezogen: >>Das Ich kann sich selbst zum Objekt nehmen, sich behandeln wie andere Objekte, sich beobachten, kritisieren, Gott weiß was noch alles mit sich selbst anstellen. Dabei stellt sich ein Teil des Ichs dem übrigen gegenüber.<<46 Und das bedeutet für den Humor: er >>vollendet sich bereits in einer einzigen Person, die Teilnahme einer anderen fügt nichts Neues zu ihm hinzu<<47.
Diese Beobachtungen stützen zunächst unsere bisherigen Vermutungen: Der Humor ist, als ein ethisches Phänomen, vor allem eine Frage des Charakters und der Persönlichkeit. Aber auch weitergehende, im ersten Teil nur wenig beachtete Momente treten jetzt neu hinzu: Die Persönlichkeit, in welcher sich, wie Freud es formuliert, der Humor "vollendet", ist, da sie ganz spezifische Charakterzüge aufweist, nicht nur eine, sondern auch eine einzigartige Persönlichkeit. Insofern ist der humoristische Vorgang - unter strukturellen Gesichtspunkten - vor allem ein monistischer Vorgang. Aber andererseits, da Freud zufolge jeder persönliche Äußerungsakt sich über einer dem psychischen Subjekt immanenten differentiellen Verdoppelung des Ichs (nämlich von Ich und Über-Ich) aufbaut, liegt dem humoristischen Vorgang, insofern er selber ein persönlicher Äußerungsakt ist, zugleich ein Dualismus zugrunde, der ihn auch als solchen durchherrscht. Ist nämlich die Persönlichkeit das, was sie im Sinne jener Verdopplung ist: Selbst-Bewußtsein, immer nur um den Preis einer Verobjektivierung ihrer selbst, so ist auch die Bedingung des Humors gerade die, >>daß die Person in einer bestimmten Lage plötzlich ihr Über-Ich überbesetzt und nun von diesem aus die Reaktionen des Ichs abändert<<48, also es zum Objekt seiner humoristischen Lust macht.
Bemerkenswert ist nicht nur, daß Freud mit dieser Konzeption eine bestimmte, psychoanalytische Reinterpretation gewisser philosophischer Selbstbewußtseinstheorien leistet (die das Selbstbewußtsein fast alle, ob sie es nun als erkenntnistheoretische Bedingung des Wissens oder aber als ethische Bedingung des Wollens konzipierten, auf der Grundlage des Subjekt-Objekt-Dualismus begreifen mußten); bemerkenswert für unser Thema ist an dieser Konzeption vor allem, daß Freud mit ihr den Humor, trotz seines monistisch scheinenden Charakters, gerade als einen dualistischen, aber damit, struktural gesprochen, auch als einen binaristischen Vorgang deutet. Und in dieser seiner binaristischen Struktur steht er offensichtlich in allergrößter Nähe zu einer anderen Kategorie, in der sich das ethische Moment aller ästhetischen Theorie vielleicht noch am deutlichsten artikuliert: der Kategorie des Erhabenen. - Der humoristischen Lust, bemerkt Freud in aller Deutlichkeit, >>schreiben wir ... einen hochwertigen Charakter zu, wir empfinden sie als besonders befreiend und erhebend<<49.

Das bedeutet nun allerdings nicht, daß die Komik demgegenüber bereits als ein nicht-binaristischer Vorgang aufgefaßt werden kann. Denn wenn im Falle des Humors das Ich (als Über-Ich) sich selbst zum Objekt (als Ich) wird, so hat sich im Falle der Komik die für den Binarismus kennzeichnende Subjekt-Objekt-Relation bloß auf eine andere Ebene verschoben, nämlich von der Ebene "Über-Ich und Ich" auf die von "Ich und Außenwelt". Und da dem Subjekt die Außenwelt, psychoanalytisch gesehen, nur durch das von Freud so benannte Oberflächensystem W-Bw zugänglich ist (das ein Teil des Ichs, genauer dessen "Kern" ist50), wird man folgerichtig davon ausgehen müssen, daß das, was beim humoristischen Vorgang zum Objekt wurde, beim komischen Vorgang das Subjekt ist; mit anderen Worten: daß es das Ich ist, das die für den komischen Vorgang entscheidende psychische Instanz ist.
Zwar betont Freud, daß auch die Komik in gewisser Weise im Vorbewußten lokalisiert werden muß: >>Der komische Prozeß verträgt nicht die Überbesetzung durch die Aufmerksamkeit, er muß durchaus unbeachtet vor sich gehen können ... Er gehört ... dem Vorbewußten an, und man kann für solche Vorgänge, die sich im Vorbewußten abspielen und der Aufmerksamkeitsbesetzung, mit welcher Bewußtsein verbunden ist, entbehren, passend den Namen "automatische" verwenden.<<51 Aber die für das Komische konstitutive Vergleichung des Innervationsaufwandes, auf die sich Freud an dieser Stelle bezieht (und die in der Tat automatisch verläuft52), ist doch ihrerseits nicht möglich, wenn nicht zumindest der mit dem früheren zu vergleichende aktuelle Innervationsaufwand durch eine Aufmerksamkeitsbewegung, also durch eine Bewußtseinsleistung zustandekommt.53
Beide, das direkte Vorstellen der (komischen) Bewegung54 vermöge des Systems W-Bw als auch >>das Vorstellen derselben vermittels meiner Erinnerungsspuren an die Aufwände bei ähnlichen Bewegungen<<55, also vermöge des Systems Vbw, sind am komischen Vorgang beteiligt; und keine dieser beiden Arten des Vorstellens, des bewußten und des vorbewußten, kann hier - trotz der von Freud so deutlich ausgesprochenen Lokalisation des Komischen im Vorbewußten56 - irgendeinen Vorrang vor der anderen beanspruchen. Im Gegenteil. Da psychoanalytisch gesehen Erkenntnis immer auch Wieder-Erkenntnis ist, unterscheidet sich der komische von einem rein kognitiven Vorgang nur dadurch, daß das Wieder-Erkannte zum aktuell Erkannten in einem gewissen Spannungsverhältnis steht, das der Erkennende, statt durch eine übliche Verhaltens- oder Handlungsreaktion, durch sein Lachen ausgleicht.
Der komische Vorgang läßt sich demnach, unter rein systematischen Gesichtspunkten, von einem kognitiven Vorgang überhaupt nicht unterscheiden. Und da die Instanz der Erkenntnis, nach dem zweiten topischen Modell, das das System W-Bw und Vbw umfassende Ich ist57, kann schließlich, entsprechend unserer obigen Annahme, von einer Lokalisation der Komik im Ich ausgegangen werden.
Diese (im Witzbuch nur implizite) Annahme eines im komischen Prozeß erkennend der "Außenwelt" zugewandten Ichs ist aber auch noch in anderer Hinsicht bedeutsam. Vollendet sich nämlich Freud zufolge der humoristische Vorgang vermöge eines der "Innenwelt" zugewandten Über-Ichs bereits in einer einzigen Person, so muß er im Falle des komischen Vorgangs von der Beteiligung zumindest zweier Personen ausgehen: >>der einen, die das Komische findet, und der zweiten, an der es gefunden wird<<58. Entscheidend ist hier, daß das Komische von der ersten Person an der zweiten Person "gefunden" wird, daß also die zweite Person für die erste bloß ein Objekt ist. Weit entfernt davon, daß diese zweite Person im komischen Vorgang als Person von Bedeutung wäre, kommt sie in ihm vielmehr nur als Gegenstand einer Vorstellung, einer akustischen oder visuellen Wahrnehmung in Betracht, und zwar der Vorstellung oder Wahrnehmung einer anderen Person. Und diese andere Person ist wiederum ihrerseits vom komischen Vorgang nicht (wie beim Humor das Ich) als Person, sondern bloß als Erkenntnissubjekt betroffen.
Darin zeigt sich nun aber, anders als beim Humor, der grundlegende Binarismus des Komischen gleich in potenzierter Weise. Erste und zweite Person stehen sich nämlich in der komischen Situation nicht einfach nur als Erkenntnisobjekt und Erkenntnissubjekt gegenüber. Vielmehr kommt hier die erste Person, die als handelndes Subjekt der gesamten Konstellation zugrundeliegt (und in diesem Sinne ihr "subiectum" ist), überhaupt nur als ein sich selbst zu einem Anderen gewordenes, verkehrtes Subjekt und eben damit als ein Objekt ins Spiel. Ob sie komisch gemacht wird, ob sie sich selber komisch macht, oder ob sie unfreiwilligerweise in eine komische Situation hineingerät, - all das ist für den komischen Effekt, der einzig und allein auf dieser Verkehrung beruht, nur von untergeordneter Bedeutung. Mit anderen Worten, im Komischen kommt es ausschließlich darauf an, ob etwas, das wahrgenommen (oder vorgestellt) werden kann, als in sich verkehrt erscheint und eben deshalb auf sich selbst als Objekt aufmerksam macht.
Die von Freud beschriebene paradigmatische Situation des Komischen - die der Komik der Bewegung - ist insofern strukturell vollkommen äquivalent zu derjenigen, die wir auch im literarischen Bereich vorgefunden haben. Denn hier ist es, wie wir bereits zeigen konnten, das Subjekt des Textes, das als ein verkehrtes Subjekt, als Objekt erscheint, und zwar, gemäß seiner beiden binaristischen "Abhänge", entweder auf der Seite seines Signifikats (Verkehrung des Subjekts des Textes zum sogenannten "Inhalt" des Textes) oder aber auf der Seite seiner Signifikanz (Verkehrung des Subjekts des Textes zur sogenannten "Form" des Textes). Als Subjekt des Textes kommt es daher in dem, was entweder in Texten oder an Texten komisch ist, überhaupt nicht zur Geltung; oder anders formuliert: Ist die binaristische Bedingung dafür, überhaupt etwas als komisch zu erkennen, dessen Objektivierung, so ist die Verobjektivierung des Subjekts des Textes ein Zeichen dafür, daß wir es - für einen Moment zumindest - nicht "verstehen", nicht wissen, was es ist.

Ganz anders steht es dagegen um den Witz. Er ist - wie der Humor der Beitrag zur Komik durch Vermittlung des Über-Ichs - >>der Beitrag zur Komik aus dem Bereich des Unbewußten<<.59 Dabei kann die parallele Satzkonstruktion zur entsprechenden Äußerung über den Humor allerdings über zweierlei nicht hinwegtäuschen: Zunächst einmal steht der Humor dem Komischen im ganzen näher als dem Witz60, und zwar, wie man jetzt deutlicher sieht, insofern, als die den humoristischen Vorgang bestimmende Selbstobjektivierung der Persönlichkeit in der für den komischen Vorgang kennzeichnenden Fremdobjektivierung des Ichs eine strukturelle, binaristische Äquivalenz findet; während der Witz in Termini der Subjekt-Objekt-Relation schon allein deshalb nicht ausreichend erklärt werden kann, weil es hier das Subjekt des Textes als Subjekt ist (und weder als verkehrtes Subjekt noch auch überhaupt als Objekt), das sich in ihm artikuliert.
Und zum anderen kann die parallele Satzkonstruktion auch darüber nicht hinwegtäuschen, daß die durch diese Konstruktion nahegelegte Mittelstellung der Komik ("Beitrag zur Komik durch Vermittlung des Über-Ich" und "Beitrag zur Komik aus dem Bereich des Unbewußten") in Wahrheit eine vollkommen gleichgewichtige Systematik verdeckt, die erst durch das zweite topische Modell vollends sichtbar wird. Denn nach diesem Modell ist das Ich durchaus nicht eigenständig, sondern es >>dient>>, so Freud, >>drei gestrengen Herren ... Die[se] drei Zwingherren sind die Außenwelt, das Über-Ich und das Es.<<61 - Es stellt sich daher die Frage, wie der Konflikt zwischen diesen drei "Herren" und dem Ich im Falle von Komik, Humor und Witz entschieden wird und welche Folgerungen für die weitere Analyse daraus zu ziehen sind.
Es scheint uns - aufgrund der von Freud behaupteten subordinären Stellung des Ichs - zunächst klar zu sein, daß das, was im Falle von Komik, Humor und Witz beeinträchtigt wird, gewisse Funktionen des Ichs sind. Aber diejenige Ich-Funktion, die im Falle sowohl des komischen als auch des humoristischen Vorgangs für einen Moment nicht nur beeinträchtigt, sondern vollkommen gestört wird, ist unseres Erachtens die Funktion der Realitätsprüfung. Denn im Falle der Komik gelingt es dem Ich offenbar nicht, das, was es durch Vermittlung der Außenwelt wahrnimmt, in ein bestimmtes Vorstellungsmuster zu integrieren, weil - wie Freud für die Komik der Bewegung herausstellt - >>zwischen der am anderen beobachteten Bewegung und jener, die ich selbst an ihrer Statt ausgeführt hätte<< eine allzu große Spannung besteht62. Und im Falle des Humors wiederum gelingt es dem Ich nicht, das, was es sich durch Vermittlung des Über-Ichs vorstellt, in einen bestimmten emotionalen und affektiven Kontext zu integrieren, weil >>das Über-Ich, wenn es die humoristische Einstellung herbeiführt, eigentlich die Realität abweist und einer Illusion dient<<63.64
Aber dann stellt sich natürlich die Frage, welche Funktion des Ichs es ist, die im Falle des Witzes beeinträchtigt und vielleicht sogar ihrerseits vollkommen gestört wird. Ist es auch hier die Realitätsprüfung (ein bestimmter Anteil der Realitätsprüfung) oder eine der vielen anderen Funktionen des Ichs? Folgt man der Freudschen Darstellung, so kann es unseres Erachtens auf diese Frage nur eine Antwort geben: Diejenige Funktion, die im Falle der Witzproduktion beeinträchtigt und, wie wir annehmen müssen, keinesfalls vollkommen gestört wird, ist die Zensur. Und so wie erst deren Beeinträchtigung den Traum als Kompromißbildung möglich macht, so ist auch der Witz, für den wir gleichfalls eine derartige Beeinträchtigung annehmen müssen, ein solcher Kompromiß, nämlich zwischen Es und Ich oder, in Termini des ersten topischen Modells gesprochen, >>zwischen Unbewußtem und Vorbewußtem<<65 - Ein Kompromiß, und nicht, wie bei der Komik und beim Humor, ein momentanes vollständiges Außerkraftsetzen einer der beiden am Konflikt beteiligten Seiten.
Spricht man daher, in Fortführung der bislang aufgewiesenen Systematik, von einer Lokalisation des Witzes im Es, so besagt das nur, daß das Es hier diejenige für den Witzvorgang entscheidende Instanz ist, die die zensurierende Funktion des Ichs stört, nicht aber, daß es diese - wie bei der Komik und beim Humor die Realitätsprüfung - gänzlich außer Kraft setzt. Denn ein vollständiges Außer-Kraft-Setzen dieser Funktion würde offensichtlich bedeuten, daß genau diejenige Leistung des Witzes verlorenginge, die uns seine spezifisch ästhetische Qualität zu erklären schien: seine integrative, alle ästhetischen Binarismen (Signifikant und Signifikat, Form und Gehalt, Buchstabe und Geist, Klang und Sinn) aufhebende, symbolische Leistung. - Diese symbolische Leistung, symbolisch sowohl im strukturellen wie im rhetorischen Sinne, ist es, die ihn auszeichnet und die ihn, zusammen mit dem Traum, zum Paradigma einer Überschreitung binaristischen Denkens macht.

III. Einwände und Folgerungen: Die Aufhebung einer Abstraktion

Verwirren: mhd. verwerren, ahd. farwerran; eine Präfixbildung zum gleichbed. (veralteten) "wirren"; beruht auf einer Erweiterung der idg. Wurzel von "Wurm" (*uer- "drehen, biegen, winden, flechten") und bedeutete urspr. "(ver)wikkeln"; vgl.a. das bis ins 16.Jh. vorkommende Substantiv mhd. werra "Krieg, Verwirrung", das dem seit der ersten Hälfte des 19.Jhs. auftretenden Subst. "Wirren" Mehrz. "politische Verwicklungen" und dem FW "Guerilla" zugrunde liegt. - Vgl.a. Wurst (mhd., ahd. wurst): "etwas Gemischtes, Vermengtes, Gemachtes, Gedrehtes". Die Herkunft der Wendung 'das ist mir Wurst' ist unklar.

Herkunftswörterbuch, Duden Band 7

Es scheint, daß unsere Analyse zu einem recht akzeptablen Ergebnis gekommen ist: Wir haben nicht nur unsere Ausgangsthese vom ethischen Charakters des Humors, vom erkenntnistheoretischen Charakter der Komik und vom ästhetischen Charakter des Witzes anhand ihrer Einordnung in das zweite topische Modell des psychischen Apparates stützen können; wir haben auch nachgewiesen, daß sich eine adäquate Überschreitung binaristischen Denkens nur als diejenige, spezifisch ästhetische Überschreitung denken läßt, für die uns die symbolische Form des Witzes als paradigmatische Form gedient hat. Denn während im komischen und im humoristischen Vorgang der zugrundeliegende Dualismus von Ich und Außenwelt bzw. Ich und Über-Ich nur dadurch gelöst werden konnte, daß das Ich unter die Herrschaft seines je Anderen geriet - im Falle der Komik unter die Herrschaft der Außenwelt und im Falle des Humors unter die des Über-Ichs -, konnte im Witzvorgang ein wirklicher Kompromiß zwischen Ich und Es, ein Ausgleich geschaffen werden, dessen Produkt sich in einer einzigen - und auch je einzigartigen - symbolischen Form, der jeweiligen Witzformulierung, niederschlug.
Der Preis für dieses recht klare Ergebnis ist allerdings auch ein gewisser Schematismus, auf den wir gleich am Anfang unserer Analyse - mit Bezug auf Lacan - hinweisen mußten und der sich nun zu einer ernsten Gefährdung dieses Ergebnisses auswächst. Denn wir haben zwar die symbolische Form des Witzes als eine rein vom binaristischen Denken nicht mehr begreifbare Form nachweisen können, aber wir haben diesen Nachweis auch nur führen können, indem wir den aufgehobenen Dualismus dieser Form zugleich in einen - binaristischen - Gegensatz gebracht haben zu den explizit dualistischen Formen der Komik und des Humors. Wir mußten, mit anderen Worten, um willen eines "Jenseits" des binaristischen Prinzips diesem ein "Diesseits" entgegensetzen und haben eben auf diese Weise einen neue binäre Opposition erzeugt; sodaß wir uns jetzt mit dem Vorwurf auseinanderzusetzen haben, vom eigentlichen, nicht-binaristischen Phänomen seinerseits nur einen recht schematischen, also einen im Grunde imaginären Eindruck gewonnen zu haben.
Das mag man nun entweder komisch finden oder mit Humor ertragen. Sicherlich aber wird man sich fragen müssen, ob es in begriffsstrukturellen Analysen wie der vorliegenden zu einer solchen reflexiven Wiederholung des Binarismus (nämlich des Binarismus von Monismus und Binarismus) überhaupt eine Alternative gibt; ob man nicht also, wie Lacan es fordert, statt das Symbolische theoretisch zu erfassen, es begreifen zu wollen, zu einer Verwirklichung des Symbolischen fortschreitet und das praktiziert, worüber man redet. Aber andererseits scheint uns doch auch eine theoretische Explikation des Symbolischen solange gerechtfertigt zu sein, als sie ihre eigene Klarheit nicht mit einer Vernebelung ihrer Sachverhalte erkauft, auch - oder gerade dann - wenn das, was sie vor sich hat, in gewisser Weise selber von nebulösem Charakter ist.
Eben das aber scheint hier der Fall zu sein: Wir haben den - in der Tat - nebulösen Charakter des Witzes, sein oft verworrenes und nicht selten auch verwirrendes Zusammenspiel mit den Elementen des Komischen und des Humoristischen bislang so gut wie gar nicht zur Kenntnis genommen und deshalb auch nicht denjenigen, in alltagssprachlichen Kontexten erzählten Witz zur Grundlage unserer Analyse gemacht, von dem im Freudschen Text und auch in allen sonstigen uns vorliegenden Analysen und Witzsammlungen immer wieder die Rede ist: von denjenigen >>kurze(n), einepisodige(n), meist dialogisch aufgebaute(n) Erzählungen, die sich auf eine einzelne Szene und auf einen oder zwei Hauptakteure beschränken<<66. Stattdessen haben wir unsere Analyse (vor allem im ersten Teil) auf die sogenannten "Einwortwitze" reduziert, haben aus dem Joyceschen und Schmidtschen Text typische Portemanteau-Wörter wie >>energument<< und >>Paradiser<< zitiert, die Lacansche Transposition von unbewußt in une-bevue als eine witzige Zeichenerfindung tituliert und uns damit, nicht allein unserer, sondern auch Freuds Ansicht nach67, auf das "eigentlich Witzige", den sogenannten "Witz des Witzes" beschränkt.
Was wir damit faktisch geleistet haben war aber, wie man jetzt sieht, eine bloße Abstraktion. Denn so gut wie nie kommen tatsächlich erzählte Witze ohne eine komische Fassade (eine komische Geschichte) oder einen humoristischen Hintergrund aus: >>Eine komische Fassade, heißt es bei Freud, >>fördert die Wirkung des Witzes auf mehr als eine Weise, sie ermöglicht nicht nur den Automatismus des Witzvorganges durch die Fesselung der Aufmerksamkeit, sondern erleichtert auch die Abfuhr vom Witz her, indem sie eine Abfuhr vom Komischen her vorausschickt.<<68 - Freud denkt hierbei insbesondere an die sogenannten "Heiratsvermittlerwitze", in denen eine komische Geschichte zunächst die Aufmerksamkeit des Zuhörers fesselt, um diesen dann plötzlich, in der eigentlichen Pointe des Witzes, zu überrumpeln. So z.B. in dem folgenden Witz: >>Der Bräutigam ist bei der Vorstellung der Braut sehr unangenehm überrascht und zieht den Vermittler beiseite, um ihm flüsternd seine Ausstellungen mitzuteilen. "Wozu haben Sie mich hierhergebracht?" fragt er ihn vorwurfsvoll. "Sie ist häßlich und alt, schielt und hat schlechte Zähne und triefende Augen..." - "Sie können laut sprechen", wirft der Vermittler ein, "taub ist sie auch."<<69
Beide, die komische Geschichte und die witzige Pointe, lassen sich, solange man die tatsächliche Wirkung des Witzes außer acht läßt, durchaus voneinander trennen. Das zeigt schon die von Salcia Landmann mitgeteilte Variante dieses Witzes, die folgendermaßen lautet: >>Hersch stellt seine Frau dem David vor. David nimmt ihn beiseite und flüstert: "Was ist dir eingefallen, so etwas Mieses zu heiraten? Ein knochiges Gestell und ein sauertöpfiges langes Gesicht und fast keine Haare, und halb blind scheint sie auch zu sein!" - Hersch: "Du kannst ruhig laut reden: taub ist sie auch."<<70 Aber trotz dieser Variabilität im Wortlaut, die - unserer Bestimmung zufolge - für den eigentlichen Witz, den Witz des Witzes, ausgeschlossen sein müßte, sind gewisse Elemente dieser Geschichte dennoch unverzichtbar: der Dialog, das Flüstern, die außergewöhnliche Häßlichkeit der Frau und - natürlich - die Pointe selbst.
Keines dieser Elemente läßt sich vom anderen isolieren, ohne daß der witzige Charakter dieser Geschichte aufgehoben wäre - auch nicht die Pointe selbst, in der doch (darin den Einwortwitzen vergleichbar) der eigentliche Witz sich artikulieren müßte. Signifikant und Signifikat, "Form" und "Inhalt" sind auch hier (trotz gewisser Variationsmöglichkeiten, die die komische Geschichte als solche betreffen) derart unauflöslich miteinander verknüpft, daß eine erklärende oder interpretierende Übersetzung dieses Witzes unweigerlich zu seiner Zerstörung führen müßte. Aber anders als bei den Einwortwitzen, die eine solche unübersetzbare Einheit von Signifikant und Signifikat gleichsam hermetisch, rein auf der phonologischen und morphologischen Ebene herzustellen vermögen, vermittelt sie der "komische Witz" über einen syntaktisch-semantischen Kontext, in dem auch noch die von uns so betonte binäre Opposition von Komik und Witz sich aufzulösen beginnt. Zumindest löst sie sich offenbar so weit auf, daß es unsinnig wäre, noch am Binarismus von Komik und Witz in der Weise festhalten zu wollen, wie wir es in unserer gesamten bisherigen Analyse getan haben.
Ähnliches läßt sich aber auch für den humoristischen Hintergrund des Witzes behaupten. Schon im zitierten Heiratsvermittlerwitz geht es offenbar darum, dem - angesichts der Erbärmlichkeit und Unwürdigkeit solcher Eheschließungen sich einstellenden - peinlichen Affekt seine Energie zu entziehen und diese durch Abfuhr in Lust zu verwandeln. Aber noch viel deutlicher wird dieses Zusammenspiel von humoristischer und witziger Lust in der folgenden Frau Pollak-Anekdote: >>Man sucht überall nach Herrn Pollak von Parnegg, ruft im Büro, im Klub, bei Freunden an - er ist nirgends zu finden. Frau Pollak geht ins Schlafzimmer - da liegt er tot unter dem Bett. Sie läutet dem Stubenmädchen und sagt streng: "Sehen Sie, so räumen sie auf!"<<71
Auch hier ist es zunächst eine komische Geschichte, die der Pointe des Witzes vorausgeht. Aber statt der Lust des Witzes eine Vorlust vorauszuschicken, kulminiert hier das Komische im Grotesken (>>...da liegt er tot unter dem Bett<<) und scheint - ganz im Gegenteil - einer Unlustentbindung den Weg zu bereiten, die der Affektentwicklung des Witzes entgegenzuwirken scheint. Umso deutlicher kann sich aber dann die witzige Wirkung entfalten, - wenn nämlich nicht die Trauer über den Tod des Mannes, sondern, nach dem Muster einer Verschiebung, der Ärger über das Stubenmädchen das einzige ist, was Frau Pollak zu beschäftigen scheint: Die humoristische Lust, schreibt Freud, >>entspringt ... einer besonderen, der Verschiebung vergleichbaren Technik, durch welche die bereitgehaltene Affektentbindung enttäuscht und die Besetzung auf anderes, nicht selten Nebensächliches gelenkt wird<<72
Nimmt man an, daß es angesichts des Todes des eigenen Mannes in der Tat nebensächlich ist, ob das Stubenmädchen seiner Arbeit gewissenhaft nachgeht oder nicht, so scheint man es hier mit einer im vollen Sinne humoristischen Geschichte zu tun zu haben. Aber andererseits kann man sich einer solchen Einschätzung auch durchaus nicht sicher oder gewiß sein. Denn wenn das Lachen über diesen "humoristischen Witz" sich der Unterstellung eines unbewußten Wunsches verdankt, nämlich des in vielen sogenannten "makabren Witzen" zutagetretenden Wunsches, sich seines eigenen Ehepartners zu entledigen73, dann gilt auch für diese Anekdote das, was Freud schon für die von ihm angeführten Heiratsvermittlergeschichten als das eigentlich Witzige hat herausstellen können: >>Jeder, der sich die Wahrheit so in einem unbewachten Moment entschlüpfen läßt, ist eigentlich froh darüber, daß er der Verstellung ledig wird<<74. - Die Verstellung bestünde dann in diesem Falle darin, den eigenen Mann geliebt zu haben, und die Wahrheit darin, ihm den Tod gewünscht zu haben. Eine witzige Wahrheit, aber eine solche, die sich über eine humoristische Verschiebung Geltung verschaffen konnte.
Welche der beiden Komponenten, die humoristische oder die witzige, in diesem Falle den Ausschlag für die Lustentbindung gibt, läßt sich also rein theoretisch gar nicht entscheiden. Witz und Humor sind hier derart miteinander verschmolzen75, daß es schwierig werden dürfte, das eine vom anderen zu trennen, also - auf begrifflicher Ebene - den von uns zugrundegelegten Unterschied mit der Bestimmtheit aufrechtzuerhalten, mit der wie ihn bislang verteidigt haben: Weder scheint sich hier das Über-Ich über das Ich zu erheben noch auch ein wirklicher Kompromiß zwischen Es und Ich erreicht zu werden. Vielmehr scheint das Über-Ich im Dienste des Es oder umgekehrt das Es im Dienste des Über-Ich zu handeln und deren beider Artikulationsort das Ich zu sein.
Die Verwirrung, die sich hier einstellt - und zwar sowohl angesichts des "komischen" als auch des "humoristischen Witzes", ist offenbar eine Verwirrung der Begriffe. Humor, Komik und Witz sind im tatsächlichen, erzählten Witz weitaus enger aufeinander bezogen, als es unsere begriffliche Analyse zu erfassen vermochte. So weit, daß wir diese drei Formen in Analogie setzen möchten zu jenen anderen Dreierformationen, die den Lesern Lacans aus der topologischen Konzeption des Borromäischen Knotens vertraut sein dürften: Reales, Imaginäres und Symbolisches; Unmöglichkeit, Möglichkeit und Notwendigkeit; Bedürfnis, Anspruch und Begehren; Haß, Liebe und Unwissenheit; Angst, Hemmung und Symptom; Über-Ich, Ich und Es... Sind alle Elemente dieser Formationen derart miteinander verflochten und verschlungen ("verworren"), daß einen der Fäden aus den Dreierverbänden herauszulösen bedeuten würde, den gesamten Knoten aufzulösen, so muß man offensichtlich auch für die von uns der Analyse unterzogenen psychoanalytischen Formen: Humor, Komik und Witz, und die ihnen korrespondierenden philosophischen Felder: Ethik, Erkenntnistheorie und Ästhetik, eine solche irreduzible Verknotung, eine derartige Verwirrung für das begriffliche Denken annehmen.
Wir können und wollen hier nicht mehr die Folgen einer solchen Verwirrung aufzeigen. Was man im gegenwärtigen Kontext dazu sagen kann, haben wir bereits im ersten, einleitenden Teil unserer Analyse dargelegt. Worauf wir aber zum Schluß noch hinweisen möchten, ist der merkwürdige Umstand, daß sich damit - scheinbar paradox - unsere Ausgangsvermutung offensichtlich doch noch bestätigt hat. Denn der Witz, so wie wir ihn jetzt perspektiviert - und damit keineswegs schon begriffen - haben, ist nicht mehr nur eine Sonderform "jenseits" eines sich "diesseits" verortenden binaristischen Prinzips; sie ist eine Integrationsform auch noch der beiden abgesonderten übrigen Formen. Sie konstituiert ein Jenseits, zu dem es - so verwirrend das ist - kein Diesseits gibt. Und es ist vielleicht der Witz aller von uns betrachteten Witze, uns darüber belehrt, uns zumindest darüber nicht im unklaren gelassen zu haben.

Anmerkungen

Roland Barthes, Elemente der Semiologie, Frankfurt/M. 1979, S.12.
2Dieser Überschreitung des Binarismus gilt der nach wie vor lesenswerte Aufsatz von Gilles Deleuze Woran erkennt man den Strukturalismus, in: F.Châtelet (Hrsg.), Geschichte der Philosophie, Bd. VIII, Frankfurt/M.-Berlin-Wien 1975, S.269ff.
3Wie diese spieltheoretischen Ansätze zur Spielpraxis, zum tatsächlichen Spiel mit den Karten des Realen, des Imaginären, des Symbolischen (und des Kristevaschen Semiotischen, s.u.) werden können, haben Robert Krokowski, Christian Kupke und Jean Marceau in ihrem Beitrag RISSkarten gezeigt, in: Delta Tau Zwei, Berlin 1987, S.119 (Supplement).
4Vgl. Julia Kristeva, Die Revolution der poetischen Sprache, Frankfurt/M. 1978, S.32ff; vgl. auch ihre Aufsätze in dem Sammelband Polylogue, Paris 1977.
5Jacques Lacan, Vers un Signifiant Nouveaux, in: Ornicar?, Nr.17/18, Paris 1979, S.7ff, hier S.20.
6Ebd., S.20.
7Vgl. Kristeva, Die Revolution der poetischen Sprache, S.69f.
8Vgl. Lacan, Vers un Signifiant Nouveaux, S.21: >>Il y a une chose ou je me suis risqué a opérer dans le sens de la métalangue. La métalangue en question consiste a traduire Unbewußt par une-bévue.<<
9Zum Semiotischen und zur chora vgl. Kristeva, Die Revolution der poetischen Sprache, S.35ff.
10Lacan, Vers un Signifiant Nouveaux, S.21.
11Vgl. bspw. Julia Kristeva, Semiologie - kritische Wissenschaft und/oder Wissenschaftskritik, in: Peter V. Zima (Hrsg.), Textsemiotik als Ideologiekritik, Frankfurt/M. 1977, S.35ff.
12Jacques Lacan, Das Ich in der Theorie Freuds und in der Technik der Psychoanalyse (Seminar Buch II), Olten 1980, S.309.
13Sigmund Freud, Der Witz und seine Beziehung zum Unbewußten, Studienausgabe Bd. IV, Frankfurt/M. 1970, S.9ff, hier S.219.
14Arno Schmidt, Berechnungen III, in: Neue Rundschau Nr.1, 1980, S.6ff, hier S.18.
15Freud, Der Witz, S.212 (Hervorh., d.A.).
16"Humor ist, wenn man trotzdem lacht." - Diese >>urgesunde, hundsgewöhnliche Maxime<< (vgl. Hanns Hermann Kersten, Radikal oder ridikül?, in: Die Zeit, Nr.14 v. 26.3.1976) trifft genau das, was am Humor das Wesentliche ist. Aber eben deshalb ist sie auch nicht umstandslos auf den Witz anzuwenden.
17Arno Schmidt, Zettel's Traum, Karlsruhe 1970, 955a.
18James Joyce, Finnegans Wake, London 1975, S.304.
19Vgl. Jacques Lacan, Encore (Seminar Buch XX, Berlin 1986, S.50, 69 u. 85.
20Jean-Louis Baudry, Freud und das "dichterische Schaffen", in: G.Sautermeister (Hrsg.), Die Demaskierung der bürgerlichen Kulturideologie, München 1971, S.59ff, hier S.67. - Vgl. zu diesem Text kritisch: Sarah Kofman, Die Kindheit der Kunst, München 1993, S.41f, Anm.50.
21Sigmund Freud, Der Humor, Studienausgabe Bd. IV, Frankfurt/M. 1970, S.275ff, hier S.282.
220Vgl. Karlheinz Stierle, Komik der Handlung, Komik der Sprachhandlung, Komik der Komödie, in: W.Preisendanz/R.Warning (Hrsg.), Das Komische, Poetik und Hermeneutik Bd. VII, München 1976, S.237ff, hier S. 239 u. 247.
23Vgl. Freud, Der Witz, S.169 passim.
24Ebd., S. 176 (Hervorh., d.A.).
25Vgl. Schmidt, Zettel's Traum, 955af.
26Joyce, Finnegans Wake, S.305.
27Schmidt, Zettel's Traum, 678.
28Stierle ist einer der wenigen Literaturwissenschaftler, der die systematische Relevanz dieses Aspektes erkannt hat. Er hebt hervor, daß >>die graphematische Ebene über eigene Möglichkeiten des Komischen im Bereich ihrer Ausdrucksform (verfügt)<<. Dabei verweist er sowohl auf das für Joyce relevant gewordene Problem der "Druckfehler" als auch auf die für beide Autoren, Joyce und Schmidt, zentrale Frage einer "falschen Orthographie" (Komik der Handlung, S.255f).
29Freud, Der Witz, S.177.
30Ebd., S. 155; vgl. S. 157 u. 166f.
31Jacques Lacan, Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache in der Psychoanalyse, in: ders., Schriften I, Olten 1973, S.71ff, hier S.111.
32Sarah Kofman, "Die lachenden Dritten". Freud und der Witz, München-Wien 1990, S.50.
33Vgl. Schmidt, Zettel's Traum, 955f und Joyce, Finnegans Wake, 304f.
34Vgl. Freud, Der Witz, S.20ff.
35Kofman, "Die lachenden Dritten", S.49.
36Freud tut dies im Falle der Heineschen Wortverdichtung "famillionär" (vgl. Der Witz, S.22f).
37Lacan, Funktion und Feld des Sprechens und der Sprache, S.111.
38Jean Florence, Die Identifizierungen, in: Riss, Nr.10, 1989, S.66ff, hier S.80.
39Freud, Der Witz, S. 217.
40Freud, Der Humor, S.281.
41Freud, Der Witz, S.217.
42Sigmund Freud, Das Ich und das Es, Studienausgabe Bd. III, Frankfurt/M. 1975, S.273ff, hier S.303 (Hervorh., d.A.).
43Vgl. Klaus Heinrich, "Theorie" des Lachens, in: D.Kamper/Chr.Wulf (Hrsg.), Lachen-Gelächter-Lächeln, Frankfurt/M. 1986, S.17ff, hier S.23, und die Erläuterung ebd. S. 37: >>Lachen kommt von unten herauf; wenn nicht, wirkt es 'aufgesetzt' und 'flach' - gleich haben wir die Affinität zu einer Lieblingszone des Lachens, dem Unterleib samt seinen verschiedenen Aktivitäten.<<
44Sigmund Freud, Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse und Neue Folge, Studienausgabe Bd. I, Frankfurt/M. 1969, S.499; vgl. auch Freud, Das Ich und das Es, S.303.
45Vgl. Freud, Das Ich und das Es, S.296ff.
46Freud, Vorlesungen zur Einführung, S.497.
47Freud, Der Witz, S.212.
48Freud, Der Humor, S.281.
49Ebd., S.281 (Hervorh., d.A.).
50Freud, Das Ich und das Es, S.296 Anm.2.
51Freud, Der Witz, S.204f.
52Vgl. ebd., S.178f.
53Dies gezeigt zu haben ist das Verdienst von Stierle. In direkter Anknüpfung an Freud stellt er überzeugend und detailliert die für das Komische konstitutive Bewußtseinsleistung als Aufmerksamkeitsbewegung dar (vgl. Komik der Handlung, S.246ff).
54Wir nehmen hier, wie Freud, die Bewegungskomik zum Paradigma des Komischen (vgl. Der Witz, S.177ff.), und zwar in genereller Übereinstimmung auch mit Stierle, der darauf hinweist, daß >>die Komik der Sprache in der Komik der Handlung fundiert ist<< (Komik der Handlung, S.254).
55Freud, Der Witz, S.179.
56Vgl. ebd., S.193.
57Hierbei können wir vernachlässigen, daß Freud an der Stelle, auf die wir uns mit dieser Überlegung beziehen, hinzusetzt: >>Das Ich ist aber auch, wie wir erfahren haben, unbewußt.<< (Das Ich und das Es, S.292). Denn insofern das Ich auch unbewußt ist, ist es zumindest nicht mehr das Ich der "Erkenntnis", sondern erfüllt ganz andere Funktionen (z.B. die der Verdrängung und des Widerstandes).
58Freud, Der Witz, S.169.
59Ebd., S.193.
60Vgl. ebd., S.217.
61Freud, Vorlesungen zur Einführung, S.514.
62Vgl. Freud, Der Witz, S.178.
63Freud, Der Humor, S.281.
64Im Fall der Komik ist also derjenige Anteil der Realitätsprüfung betroffen, in dem es darum geht, Wahrnehmungen als Wiederholungen von Vorstellungen identifizieren zu können - was wir als das Bestreben des Ichs bezeichnen möchten, "Vorstellungsidentitäten" herstellen zu können (vgl. hierzu Freuds These, daß >>alle Vorstellungen von Wahrnehmungen stammen, Wiederholungen derselben sind<<; Die Verneinung, Studienausgabe Bd. III, Frankfurt/M. 1975, S.371ff, hier S.375). Und im Falle des Humors ist es derjenige Anteil, in dem es darum geht, Vorstellungen als Wiederholungen von Affekten identifizieren zu können - was wir als das Bestreben des Ichs bezeichnen möchten, "Affektidentitäten" herzustellen.
65Freud, Der Witz, S.217.
66Lutz Röhrich, Der Witz. Figuren-Formen-Funktionen, Stuttgart 1977, S.6.
67In einer Anmerkung zu seinem Witzbuch unterscheidet Freud Kriterien für einen guten und einen schlechten Witz. Als einen guten Witz bezeichnet er dort das Wortspiel "Traduttore-Traditore" (vgl. Der Witz, S.114 Anm.1; vgl.a. S.35 und den dort in einem Zusatz angeführten Modifikationswitz "Amantes amentes"). An einer anderen Stelle wiederum erklärt er, daß das eigentliche Wortspiel den höchsten Anspruch an die Technik des Ausdrucks stelle, weil dabei >>die beiden Bedeutungen in dem identischen und darum meist nur einmal gesetzten Wort ihren Ausdruck finden sollen<< (ebd., S.45f).
68Freud, Der Witz, S.143.
69Ebd., S.63.
70Salcia Landmann, Der jüdische Witz, Olten 1960, S.343.
71Ebd., S.439; vgl.a. S.16.
72Freud, Der Witz, S.216.
73Vgl. etwa einige von Lutz Röhrich zitierten Witze in: ders., Der Witz, S.141ff.
74Freud, Der Witz, S.100f.
75Vgl. ebd., S.216: >>Der Humor kann ... mit dem Witz ... verschmolzen auftreten, wobei ihm die Aufgabe zufällt, eine in der Situation enthaltene Möglichkeit von Affektentwicklung, die ein Hindernis für die Lustwirkung wäre, zu beseitigen.<<


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